

Für viele waren die Lockdowns 2020 eine Chance für einen Neustart. Für Eleanor Dunlop waren sie die Gelegenheit, ihrer Beziehung zum Laufen neues Leben einzuhauchen.
In ihrer Jugend hatte die in London lebende Musikerin und Design-Studentin Eleanor Dunlop ein schwieriges Verhältnis zu Sport. Jetzt hat sie ihre Liebe zum Laufen wiederentdeckt. Wie sie das geschafft hat? Indem sie sich die Erlaubnis gab, frei nach ihren eigenen Vorstellungen zu laufen. Wir haben mit Eleanor gesprochen, um mehr zu erfahren.
Ich fing als Teenager mit dem Laufen an. Eigentlich wollte ich damit fit und gesund bleiben. Als ich 14 oder 15 war, fingen viele meiner Freundinnen an, über Diäten zu reden. Ich fing an, meinen Körper anders wahrzunehmen und fing deshalb mit dem Laufen an. Anfangs gefiel es mir auch, aber irgendwann war ich wie besessen davon. Ich wollte damit Stress abbauen, doch schliesslich fühlte ich mich dadurch noch angespannter. Ursprünglich war es ein gesunder Bewältigungsmechanismus, doch irgendwann wurde es ungesund, weil ich all meine negative Energie darauf fokussierte. Also hörte ich damit auf.
Das Laufen wurde Teil eines grösseren Problems, das ich als Teenager hatte. Damals ging es mir beim Sport um Kontrolle – insbesondere darum, zu kontrollieren, wie ich aussah. Am Ende drehte sich alles um mein Aussehen und darum, Kontrolle über mein Gewicht und meinen Körper zu haben.
Das Gute am Lockdown war, dass ich Zeit für mich hatte. Ich war den ganzen Tag am selben Ort und arbeitete. Deshalb überlegte ich, wie ich in meinen Tag einige Verschnaufpausen einbauen kann. Ich begann Spaziergänge zu machen. Dann ging ich laufen – anfangs nur sporadisch, dann immer regelmässiger. Ausserdem fing ich mit Skateboarden an. Dabei ging es mir nicht darum, es zu beherrschen oder cool auszusehen – ich wollte einfach Spass haben und mich bewegen. Diese neue Denkweise habe ich dann aufs Laufen übertragen. Das hat mir wirklich geholfen, wieder reinzukommen. Ich fühlte mich nicht mehr so unter Druck gesetzt, ein gewisses Anzahl Kilometer zu laufen oder eine bestimmte Strecke zu schaffen. Jetzt geht es nur noch darum, ob ich Lust habe zu laufen und ob es sich gut anfühlt.
Als ich es erstmals ausprobierte, war ich ganz überrascht. Ich weiss noch, wie ich dachte: «Krass, das kann mein Körper». Ich bin eher Langstreckenläuferin, aber zuerst lief ich nur eine kleine Runde in der Nähe meines Zuhauses. Am Ende legte ich einen Sprint ein. Ich erinnere mich noch an das Wow-Gefühl danach. Ich fühlte mich irgendwie anders. Körperlich kraftvoll, würde ich sagen.
Ich habe das Gefühl, mein Gehirn ist die meiste Zeit über sehr beschäftigt und voller Gedanken. Manchmal, bevor ich rausgehe, bin ich überwältigt von all meinen Aufgaben, meinen Gedanken und gerade im Moment auch von meinen Sorgen und Ängsten. Ich vertraue dann auf meine Erfahrung und sage mir: Wenn du das jetzt tust, fühlst du dich nachher besser. Sobald ich einmal unterwegs und in Bewegung bin, finde ich es super. Es ist fast wie beim Einschlafen: Man merkt nicht, dass man einschläft, bis man wieder aufwacht. Beim Laufen komme ich in den Flow und erst am Ende wird mir bewusst, wie gut es sich anfühlt. Alles ist dann so klar.
Wenn ich über etwas nachdenke, funktioniert es nicht. Mein Ziel ist es, in eine Art meditativen Zustand zu kommen. Als ich jünger war, habe ich beim Laufen ständig über irgendetwas nachgedacht. Ich glaube, deshalb war es damals nicht so effektiv. Später kam ich mit verschiedenen Achtsamkeitstechniken in Berührung. Diese kann ich nun gut auch beim Laufen anwenden.
Das Laufen spielt jetzt eine viel wichtigere Rolle in meinem Leben. Es ist zu einem wichtigen Teil meines Tages geworden. Beim Laufen rückt alles in den Hintergrund und ich habe Raum für mich. Einer der grössten Nachteile der Arbeit im Homeoffice ist, dass man immer da ist. Umso wichtiger ist es, dass man eine Tür zumachen und zum Laufen an einen anderen Ort gehen kann.
Nein. Ich versuche ganz bewusst, das Ganze nicht zu sehr zu reglementieren. Denn dann kann es für mich wieder ungesund werden. Struktur ist gut, aber Regeln nicht. Manchmal gehe ich einfach nur spazieren und beginne dann auf halbem Weg zu laufen.
Ja, auf jeden Fall. Manchmal fühlt sich mein Kopf zu voll an und ich denke, dass ich mich jetzt eh nicht aufs Laufen konzentrieren kann. Doch gerade dann muss ich mich daran erinnern, dass ich mich danach besser fühlen werde. Je älter ich werde, desto leichter fällt es mir, meinen inneren Schweinehund zu überwinden und die Stimme in meinem Kopf zu ignorieren. Manchmal trickse ich mich selbst aus und sage dieser Stimme, dass ich nur 10 Minuten laufen werde. Aber wenn ich dann einmal draussen bin, laufe ich länger.
Natürlich ist es gut für meine Gesundheit. Ich habe mehr Ausdauer für andere Dinge, zum Beispiel fürs Skateboarden. Und es sorgt für eine Unterbrechung im Tagesablauf. Als Studentin und Musikerin verbringe ich viel Zeit am Computer. Beim Laufen sammle ich neue Energie. Und die wirkt gegen die Trägheit im Winter, wenn es um 16 Uhr schon dunkel ist. Es ist einfach ein guter Grund, um rauszugehen.
Sei nett zu dir. Setz dich nicht unter Druck. Für dich wird Laufen immer eine andere Bedeutung haben als für jemand anderen. Es ist toll, wenn du es ausprobierst. Und wenn du Spass daran findest, ist das super. Aber du musst für dich selbst herausfinden, wie du Freude am Laufen haben kannst. Vielleicht wird es zu einer Sache, die dich mehr als fast alles andere beschäftigt. Vielleicht wird es zu einem Hobby. Oder es wird zu etwas, das du tust, wenn du über etwas nachdenken willst. Gib dir selbst den Freiraum, das herauszufinden. Es gibt keine Regeln. Du läufst nur für dich. Nicht für irgendjemanden sonst.
Kalte Luft, heisser Atem: Ich habe dich wiedergefunden.
Und du wiederum hast mir geholfen, mich selbst zu finden.
Hast mich ins Jetzt geholt, als ich abwesend war.
Hast mich verbunden, als Verbindung fehlte.
Mir Frieden in der Stille des Frosts geschenkt. Stille meines Geistes.
Im langen Ausatmen in der Nacht.
Du gibst mir immer was ich brauche.
Einen Pool, in den ich jederzeit eintauchen kann.
Während ich schwerelos schwebe, halte ich dich nah bei mir.
Du trägst mich nach vorne. Ich trage mich selbst.
Wow, mein Körper ist unglaublich.
Ich spüre den Vorwärtsdrang meiner Beine. Meinen kraftvollen Körper.
Diese Gefühl treibt mich nach draussen, selbst wenn es regnet.
Liebes Laufen,
du und ich, es war nicht immer einfach zwischen uns.
Aber jetzt haben wir unseren Rhythmus gefunden.
Ich weiss nicht, wann wir uns wiedersehen. Aber ich weiss, dass es bald sein wird.
Diesen Lauf widme ich dir.
Eleanor
#DedicatedToTheRun
Eleanor trägt den Hoodie, das On Graphic-T in white, die Tights 7/8, die Low Sock und den Cloudswift.