

Lauf-Wettkämpfe stehen für mehr als Weltrekorde auf der Tartanbahn – sie vereinen die Community und beflügeln Läufer*innen unabhängig vom Tempo.
Words by Robert Birnbaum. Photography by Niklas Niessner.
Das Wort «Wettkampf» lässt vermuten, dass es bei Lauf-Events nur darum geht, die besten Läufer*innen zu krönen. Nach monatelangem Training versammeln sich beim Start diejenigen, die es richtig ernst meinen.
Die Läufer*innen des OAC Europe kennen diese Situation nur zu gut. Durch ihre jahrelange Wettkampferfahrung wissen Profis wie 1500-m-Läuferin Fabiane Meyer, dass diese Momente das Beste in ihnen hervorbringen können: «Ich finde zusätzliche Motivation und Energie, wenn ich unter Druck stehe. Es ist eine Möglichkeit, sich selbst herauszufordern, über sich hinauszuwachsen und seine Grenzen austesten.»
Der amtierende österreichische Hallenmeister über 3000m Sebastian Frey bezeichnet Wettkämpfe sogar als «die ultimative Gelegenheit, die Ergebnisse all der harten Arbeit und des Trainings zu präsentieren».
«Das Gefühl, bei einem wichtigen Wettkampf zu laufen, ist eine Mischung aus Anspannung und Aufregung. Es gibt eine gewisse Nervosität, aber auch eine gewisse Gelassenheit, da man weiss: Bei Wettkämpfen kann alles passieren.», erläutert Frey.
Diese schlafenden Kräfte, die Lauf-Wettkämpfe in den Profis wecken, machen Rennen auch für Hobby-Läufer*innen schmackhaft. Schliesslich gehen bei grossen Rennen oftmals mehr Hobby-Läufer*innen an den Start als Profis – wenn auch ohne die weltweite Aufmerksamkeit. Ein Beispiel: Unter den 30’000 Teilnehmenden des traditionsträchtigen Boston Marathons sind 2024 nur knapp über 350 Profis gemeldet. Und auch wenn der Weltrekord aktuell bei 2:00:35 liegt, beträgt die weltweite Durchschnittszeit über die 42,2-km-Distanz 3:48:20.
Die 29-jährige Sophia Krauss zählt zu jenen Läufer*innen, die bei Rennen einfach Spass haben wollen. Als Studentin gab sie dem Laufen eine Chance, um an ihrer Ausdauer zu arbeiten. Eins führte zum Anderen und schon bald kam sie mit der richtigen Laufgruppe in Schwung und fand sich an der Startlinie ihres ersten Wettkampfs wieder.
«Die Leute in meinem Umfeld haben viel über ihre Ziele gesprochen. Dann hat mich ein Freund überredet, mit ihm einen Wettkampf zu machen.» Sophia sprüht heute noch vor Begeisterung, wenn sie an ihre ersten Wettkampferlebnisse zurückdenkt.
«Es fühlt sich einfach befreiend an, weil man die ganze Zeit auf diesen Moment hingearbeitet hat. Du hast dich gut vorbereitet, jetzt geniesst man es einfach. Sobald man den Startschuss hört, kann man sowieso nichts mehr machen. Man fliesst dann mit der Menge mit und ist von allen Sorgen befreit.»
«Es gibt nichts Schöneres, als wenn tausende Menschen aufeinandertreffen, nur um ein gemeinsames Ziel zu erreichen. Dich feuern Fremde an, schreien deinen Namen, motivieren dich. Es ist ein unbeschreiblich kitschiges, aber einfach besonderes Gefühl.»
Neue Erlebnisse können manchmal überwältigend wirken – beim ersten Wettkampf ist das nicht anders. Es gibt zwar kein Wundermittel gegen Nervosität und das Gefühl, zwischen erfahrenen Läufer*innen fehl am Platz zu sein. Aber Sophia kennt eine Alternative, auf die immer Verlass ist: Lauf-Buddys mitnehmen.
«Wenn jemand vor dem ersten Wettkampf unsicher ist, würde ich sagen: ‘Komm, wir packen das zusammen.’ So hab ich das mit einem Freund gemacht – wir haben einmal die Woche zusammen trainiert und sind dann gemeinsam an den Start gegangen. Ich glaub, das Schwierigste am ersten Wettkampf ist es, sich alleine an den Start zu stellen. Wenn man jemanden hat, der einem sagt, dass es normal ist, nach einer bestimmten Distanz müde zu sein, der einem Tipps dabei gibt, das nimmt einem die Angst und man kann sich einfach aufs Laufen konzentrieren.»
Als erfahrene Wettkampf-Läuferin weiss Sophia, dass keine zwei Tage gleich sind. Wettkampfziele können als wichtige Motivation und Orientierung dienen. Aber: «Man hat mal gute, mal schlechte Tage – deshalb würde ich nicht zu viel auf Ziele setzen und offen bleiben.», rät sie Anfänger*innen.
«Was man kontrollieren kann und definitiv vorher im Training testen sollte, ist die Verpflegung während des Rennens. Was braucht man, was verträgt man gut, und was nicht.»
«Am Tag vor dem Rennen sollte man sich nicht zu viel bewegen und möglichst ruhig bleiben – viel Tee trinken hilft mir da immer. Was noch mehr hilft, ist eine Pasta-Party mit anderen Leuten, die beim Wettkampf mitlaufen. Das lenkt einen ab und nimmt jegliche Sorgen, die einem sonst durch den Kopf gehen würden.»
Ablenkung ist ein wichtiger Tipp, den auch OAC-Profi Sebastian Frey bestätigt: «Obwohl eine gewisse Anspannung vorhanden ist, habe ich im Laufe der Jahre gelernt, die Nervosität zu kontrollieren. Es ist entscheidend, einen klaren Kopf zu bewahren und nicht zu viel über den Wettkampf nachzudenken, um mich nicht selbst zu sehr unter Druck zu setzen. Stattdessen konzentriere ich mich darauf, meine Routine einzuhalten, mich auf meine Stärken zu verlassen und darauf zu vertrauen, dass ich mein Bestes geben werde.»
Anderen Athlet*innen wie Fabiane Meyer hilft stattdessen ein gezielter Fokus auf den bevorstehenden Wettkampf: «Ich schreibe meinen Race-Plan auf, visualisiere meinen Erfolg, mache Atmungs- und Entspannungsübungen, blicke auf das Training der letzten Wochen zurück und konzentriere mich auf das, was ich kontrollieren kann.»
Grosse, leistungsorientierte Events sind tolle Bucket-List-Items. Für wen aber bei den ersten Wettkämpfen der Spass-Faktor und das Community-Gefühl im Vordergrund stehen sollen, dem bieten sich andere Optionen.
Sophia erzählt, wie sich eine dieser Alternativen besonders als erster Wettkampf anbietet – der SportScheck RUN, Deutschlands grösste und traditionsreichste Stadtlaufserie.
«Die meisten dort wollen einfach nur die Distanz schaffen und dabei nicht zu viel Getümmel um sich herum haben. Es ist wirklich die perfekte Laufveranstaltung für alle, die erste Wettkampfluft schnuppern und einfach den Vibe der Lauf-Community erleben wollen. Man wärmt sich zusammen auf, niemand drängelt und alle verfolgen ein Ziel: Spass haben.»
Aber auch für ambitionierte Zeiten eignen sich die insgesamt 11 RUNs in Deutschland: über Strecken von 5 km, 10 km bis zum Halbmarathon finden alle Läufer*innen ihre ideale Herausforderung.
Mit dem richtigen Event, einem schnellen, bequemen Lauf-Outfit und dem passenden Trainingsplan für den Einstieg kann der Wettkampf nun definitiv kommen. Nach den ersten Race-Erfahrungen lohnt es sich vielleicht sogar, auf den ersten Halbmarathon zu trainieren. Und wer einmal vom süssen Nektar der Wettkampf-Atmosphäre gekostet hat, ist oft nur wenige FOMO-Momente vom ersten Marathon entfernt.