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Er bringt den Champion zurück

Nach seinem Genick-Bruch im Herbst 2017 hatte der Ironman-Weltrekordhalter Tim Don nur ein Ziel: seine Karriere wieder aufzubauen. Doch zuerst musste er seinen Körper wieder aufbauen. Hier ist der Mann, den er dafür um Hilfe bat: Physiotherapeut John Dennis.

Der Physiotherapeut John Dennis arbeitet seit mehr als zehn Jahren mit Tim Don zusammen. In dieser Zeit hatte Tim schon einige Rückschläge verkraftet. Doch nichts konnte John auf die Nachricht vorbereiten, dass sich Tim das Genick gebrochen hatte. John ist nicht nur Tims Therapeut, sondern auch sein Freund. Er gehörte zu den ersten, die nach dem Unfall zu Tim nach Boulder, Colorado in den USA flogen – den ganzen Weg von Grossbritannien aus. Und als die Zeit gekommen war, half John Tim dabei, den schmerzhaften Prozess zurück ins Training zu starten. Hier erzählt John, wie er Tims unglaubliches Comeback erlebt hat.

Ich erinnere mich daran, wie aufgeregt er vor der Ironman-Weltmeisterschaft in Kona letztes Jahr war. Ich hatte Tims Fortschritte verfolgt; es war sein wohl bestes Jahr überhaupt. Er wurde älter. Aber langsamer wurde er nicht. 

Auch darum war die Nachricht von Tims Unfall nur Tage vor dem Rennen der Anfang einer schweren Zeit. Zuerst ging es vor allem darum, herauszufinden, wie schlimm es war. Bei einer Halsverletzung hat man Angst vor Komplikationen, die sich auf den Alltag auswirken. Ich war sehr erleichtert, als ich erfuhr, dass das bei Tim nicht der Fall war. Danach wollte ich vor allem herausfinden, wie ich ihm helfen kann. 

Ich glaube, dass sich Tim praktisch sofort für ein Comeback entschied. Darum wollte er den medizinischen Halo und keine Wirbelfusion. Durch diese OP hätte er es kurzfristig leichter gehabt, aber seine Mobilität wäre in Zukunft eingeschränkt gewesen.  

Etwa einen Monat nach dem Unfall habe ich Tim das erste Mal wiedergesehen. Diese erste Zeit mit dem Halo war für ihn unfassbar schmerzhaft. Einmal war Tim kurz davor, ihn abzunehmen. 

Ich habe noch nie einen Sportler mit einem Halo behandelt. Und das ist keine gewöhnliche Sportverletzung, da kommen ganz neue Überlegungen und Einschränkungen ins Spiel. Also mussten wir uns anpassen.

Eine starke Basis 

Tim war so schnell wie möglich wieder im Gym – mit dem Halo auf den Schultern. Ab und zu wurde er komisch angeschaut. Aber ich glaube, vom psychologischen Standpunkt aus gesehen hat es ihm gut getan, wieder zu trainieren, auch wenn das Training am Anfang sehr leicht war. Zuerst sollte er sich vor allem einfach nur bewegen. Wir haben mit einem Trainer für mehr Stärke und Ausdauer zusammengearbeitet, um Tims Grundfitness schon zu seinem sehr frühen Zeitpunkt zu erhalten und aufzubauen. Da sein Oberkörper durch den Halo eingeschränkt war, konzentrierten wir uns zuerst darauf, seiner unteren Körperhälfte Mobilität und Stabilität zurückzugeben. Er verbrachte Zeit auf dem Heimtrainer, um das Muskelgedächtnis zu erhalten. Ab und zu haben wir den Crosstrainer genommen, um für Abwechslung zu sorgen. Zwischendurch gab es einige Rückschläge, aber Tim konnte immer damit umgehen. Als er mehr Gas gab, lösten sich die Schrauben in seinem Schädel und mussten wieder festgezogen werden. Nicht gerade angenehm für Tim; aber auch das hat er durchgestanden.   Dann wurde der Halo entfernt und durch eine Halskrause ersetzt. Dadurch konnten wir mehr Abwechslung ins Training bringen. Trotzdem mussten wir natürlich sehr vorsichtig sein, um Tims Hals stabil zu halten. Bindegewebsmassagen haben Tim geholfen, als er seinen Oberkörper wieder trainieren und komplexere Bewegungen ausprobieren konnte. Um die untere Körperhälfte weiter zu stärken, machte Tim jede Menge Step-ups und Lunges. Dabei setzten wir Widerstandsbänder für zusätzliches Rotationstraining ein. Obwohl wir mit Geräten wie der Beinpresse arbeiteten, war unser Ansatz immer funktional. Tim sollte später wieder laufen und Rad fahren können. 

 Auch Übungen zur Stärkung der Rumpfmuskulatur waren ein wichtiger Teil von Tims Trainingsprogramm. Er machte viele Planks und seitliche Planks mit zusätzlicher Bewegung und Gewichten. Das war eine starke Basis für das intensivere Kardio-Training, das später kommen sollte. Tim hat jetzt wahrscheinlich eine stärkere Rumpfmuskulatur als vor dem Unfall. Ein Grossteil der Übungen, die wir in diesen frühen Tagen gemacht haben, hilft hoffentlich dabei, späteren Verletzungen vorzubeugen, wenn das Training wieder intensiver wird. Tim blieb den ganzen Genesungsprozess über beeindruckend konzentriert. Seine Einstellung: immer positiv. Ich glaube, das kommt auch daher, dass er konkrete Ziele hat: den Boston Marathon zum Beispiel und letztendlich die Rückkehr nach Kona. Er wollte ausserdem in der Lage sein, seine Familie wieder mehr zu unterstützen. Einfach mal im Haushalt helfen und selbst Auto fahren. Ich glaube, dieser Aspekt ist Tim sogar schwerer gefallen als die Sport-Komponente seiner Genesung.

Die Arbeit geht weiter 

Schafft es Tim zurück zur Bestform? Es wird dauern, doch sofern es keine Komplikationen gibt, sollte der Hals Tim nicht langfristig beeinträchtigen. Was seine voraussichtliche Genesungszeit angeht, ist Tim dem Zeitplan bereits voraus. Die Ärzte waren definitiv überrascht, wie schnell er wieder auf der Laufstrecke stand.  Natürlich ist der Weg zum Comeback nicht ohne Risiko. Gemeinsam mit anderen Mitgliedern seines Teams haben wir immer darauf geachtet, dass Tim das richtige Tempo vorlegt. Trotzdem: die Frage war nicht, ob er wieder wettkampffähig wird, sondern wie. So schnell wie möglich wieder aktiv sein. Stärke in den richtigen Bereichen aufbauen. Das wird langfristig helfen, aber natürlich ist es kein Ersatz für die Zeit, die man im Pool, auf dem Rad oder auf den Beinen verbringt. 

Tims Leistung beim Boston Marathon war beeindruckend. Aber eine Überraschung war das nicht. Vor dem Rennen habe ich ihm geschrieben, dass ich auf ihn gewettet habe. Ich glaubte, er läuft den Marathon in unter 2:50. Mit seinen 2:49 hat er das geschafft. Er hat mir erzählt, dass er nach 25–30 Kilometern einen Gang zurückgeschaltet hat. Das ist gut; ich wollte nicht, dass er es bei seinem ersten Rennen nach monatelanger Pause übertreibt. Tim war schon immer dankbar dafür, wer er ist und was er erreicht hat. Ich denke, jetzt wird er die letzten Jahre seiner Läuferkarriere sogar noch mehr schätzen können. Und wie immer wird er alles geben, um so gut wie nur möglich zu sein. 

John Dennis erscheint in The Man with the Halo, einem Kurzfilm, der Tim Dons erstaunliches Comeback nach seiner Halswirbelfraktur dokumentiert. Schau den Film auf manwiththehalo.com.