

Der Blick in eine Zukunft ohne neue fossile Brennstoffe: Jack Harries, Co-Founder von Earthrise Studio, trifft Nils Altrogge, Head of Innovation Technology and Research bei On.
Text von Laura Markwardt. Video und Fotos von Earthrise Studio.
Das Earthrise Studio Skylight liefert die passende Atmosphäre in der Londoner Kreativzentrale: Hier nehmen gerade zwei Zukunftsschaffende Platz. Jack Harries, Co-Founder und Creative Director des Medienunternehmens mit Impact-Fokus und Nils Altrogge, Head of Innovation Technology und Research bei On.
Als Storyteller und Vordenker im Bereich Klimabewusstsein hat Harries eine natürliche Affinität zu den Nachhaltigkeitszielen von On. Das macht ihn zum perfekten Partner, um die Herausforderungen – und Veränderungen – in der nachhaltigen Sportindustrie zu erforschen und zu kommunizieren. Harries und Altrogge diskutieren On's Weg zur Defossilisierung und Kreislaufwirtschaft.
«On wurde in den Schweizer Alpen geboren», sagt Altrogge. «Die Erde ist unser Spielplatz und unser wichtigstes Testlabor – wir setzen uns dafür ein, dass dieser Spielplatz auch künftigen Generationen erhalten bleibt.»
Heute, sagt er, «stehen wir noch ganz am Anfang». Damit meint er sowohl unsere Innovationen im Bereich des fortschrittlichen Recyclings als auch den globalen Handlungsbedarf, um die Herausforderungen der Sportindustrie in Sachen Nachhaltigkeit zu meistern.
Die grösste dieser Herausforderungen? Die Entwicklung skalierbarer Alternativen zur starken Abhängigkeit der Industrie von neuen fossilen Brennstoffen.
«Polyester in T-Shirts, Schaumstoff in Schuhen und Sohlen; das alles wird aus Erdöl hergestellt. Das ist das grösste Problem», erklärt Altrogge.
Der Abfallberg, der während des gesamten Produktionszyklus entsteht, hat ebenfalls ein kritisches Mass erreicht. «Das andere Problem ist, was mit den Produkten am Ende ihres Lebenszyklus passiert», fährt Altrogge fort. «Was geschieht mit dem Abfall?»
Altrogge sieht in der «Defossilisierung unserer Industrie» die «grösste Chance», unseren kollektiven CO₂-Fussabdruck zu reduzieren.
Wie man so schön sagt, kannst du nicht verbessern, was du nicht messen kannst. Also, lass uns das Ausmass der Herausforderung (und die erzielten Fortschritte, wie im On Impact Progress Report dargelegt) beziffern: Der grösste Teil des CO₂-Fussabdrucks von On stammt aus Scope-3-Emissionen, 99 Prozent im Jahr 2022.
Scope-3-Emissionen können als Emissionen definiert werden, die ein Unternehmen indirekt erzeugt. Mehr als 50 % unserer Scope-3-Emissionen machen Rohstoffe aus (die Materialien, aus denen wir unsere Produkte herstellen). Diese Zahlen sind in der Sportswear-Industrie nicht ungewöhnlich, und genau deshalb ist Defossilisierung ein echter Gamechanger.
«Defossilisierung bedeutet, für die Herstellung von Produkten Alternativen zum Erdöl zu finden. Und wir haben eine klare Strategie, um das zu erreichen», so Altrogge weiter. «Wir bauen unsere Materialstrategie auf vier Säulen auf.»
On's CleanCloud®, eine Materialinnovation aus CO₂-Emissionen, ist eine dieser Antworten. «Das ist ein besonderes Projekt. Wir haben es gemeinsam mit Unternehmen aus dem petrochemischen Sektor umgesetzt: Borealis, LanzaTech und Technip Energies», sagt Altrogge «Wir dachten uns: Warum nicht das Problem zum Teil der Lösung machen? Und wir entwickelten eine neue Lieferkette aus Kohlenstoffemissionen.»
Neben den emissionsbasierten Materialien erläutert Altrogge die drei weiteren Materialsäulen, auf denen die Nachhaltigkeitsarbeit von On aufbaut.
«Wir müssen neue Wege mit recycelten Materialien \[konventionelles und fortgeschrittenes Recycling] und neue Wege mit Bio-basierten Materialien finden», erklärt er.
Beim konventionellen Recycling geht es vor allem um Polyester, «das aus der PET-Industrie und von PET-Flaschen stammt. Doch hier haben wir ein Problem. Die PET-Industrie selbst ist ein Kreislauf.» Indem Flaschen aus dem System entnommen und zur Textilherstellung genutzt werden, schaffen wir eine suboptimale Lösung. Denn Textilien werden oft weggeworfen.
Fortgeschrittenes Recycling ist besser, denn «hier geht es darum, die Integrität und Qualität des Materials zu erhalten. Es ist ein chemischer Recyclingprozess, der aus einem T-Shirt wieder ein T-Shirt macht.»
Der Schlüssel zum Erfolg des fortgeschrittenen Recyclings liegt darin, den Wert des Materials zu erhalten. «Mit fortgeschrittenem Recycling ist sogar Upcycling möglich, zum Beispiel wenn aus Deponiemüll ein Produkt wird», so Altrogge. «Das ist der Bereich, in den wir am meisten investieren und forschen. Wir glauben, dass hier die Zukunft liegt.»
Nach den konventionellen und fortgeschrittenen Recyclingmaterialien bilden Bio-basierte Materialien die dritte Materialsäule.
Allgemein helfen Bio-basierte und Bio-attribuierte Materialien, vom Verwenden neuer fossiler Brennstoffe als Ausgangsmaterial wegzukommen. «Anstatt Erdöl können wir nachwachsende Rohstoffe verwenden – ein gutes Beispiel sind Rizinussamen. Das Shirt, das ich trage, besteht zu über 90 Prozent aus Rizinussamen», sagt Altrogge und zeigt auf sein Cyclon-T.
Wir versuchen, eine «Problemverschiebung» in der Versorgungskette zu vermeiden. Die Rizinuspflanze beispielsweise ist trockenheitstolerant und konkurriert nicht mit Waldflächen oder anderen Nahrungspflanzen.
Die Menschen «suchen nach einem Sinn, wenn sie mit Marken interagieren», sagt Harries. Die Priorisierung von Performance bei gleichzeitiger Reduzierung des CO₂-Fussabdrucks trägt dazu bei. «Bei On gehen Leistung und Nachhaltigkeit von Anfang an Hand in Hand», so Altrogge.
Harries verweist auf die Balance zwischen Leistung und Nachhaltigkeit, die das Cyclon™ Programm von On verkörpert.
In einer Welt, in der Sportartikel meist linear konsumiert werden – produziert, gekauft, getragen und weggeworfen – bietet Cyclon™ ein Kreislaufprogramm, bei dem du ein Produkt abonnieren oder kaufen kannst. Es enthält Materialien, die an On zurückgegeben und zu neuen Schuhteilen recycelt werden können.
Das Lauferlebnis gehört dir – das Paar Schuhe aber nicht. «Es ist ein erster Schritt in Richtung Kreislaufwirtschaft», sagt Altrogge.
Ziel ist es, unser Portfolio an Sportkleidung mit recycelbaren Materialien zu erweitern. Altrogge weist aber darauf hin, wie komplex die Skalierung von Kreislaufprogrammen auf Makroebene ist. Doch es ist möglich. Aber es ist nicht einfach und kann nicht isoliert durchgeführt werden. «Ein Produkt aus recycelten Materialien herzustellen, ist eine Sache. Ein Unternehmen kreislauffähig zu machen, eine ganz andere», erklärt er.
Die On Innovationen in diesem Bereich können ihr volles Changemaker-Potenzial nicht alleine entfalten. Die Branche als Ganzes muss langfristige, gemeinsame Lösungen umsetzen. «Wenn wir \[diese Herausforderungen] lösen wollen, müssen wir alle zusammenarbeiten und kooperieren», sagt Harries.
Altrogge vergleicht diese unverzichtbare Zusammenarbeit mit einem Team, das ein Ziel teilt: «Beim Start sind alle Marken Konkurrenten. Doch im Spiel der Nachhaltigkeit sind wir alle ein Team ... Skalierung ist die Wichtigste, aber auch die grösste Herausforderung.»
Die erste Pace Kollektion von On, die mit der CleanCloud® Technologie hergestellt wurde, besteht zu 20 Prozent aus recyceltem Kohlenstoff. Dieser ersetzt die gleiche Menge an neuen Materialien auf fossiler Basis und reduziert die CO₂-Emissionen im Vergleich zu neuem Polyester um 20 Prozent. «Wir gehen noch einen Schritt weiter», um noch mehr zu tun, sagt Altrogge.
«Die Komplexität der Probleme kann dich entweder überwältigen, oder du kannst dich in die Kreativität der Lösungen verlieben», sagt Harries und erinnert damit an ein Zitat, das die Kraft der Innovation im Hier und Jetzt auf den Punkt bringt.
Auf dem Weg zur Nachhaltigkeit stehen wir vielleicht noch «ganz am Anfang». Aber wenn es darum geht, den Wandel in der Innovationstechnologie voranzutreiben, gibt es kein Ende. Das Ziel? Die Branche revolutionieren. Gemeinsam.