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Marathon-Recovery-Plan

Die Reise endet nicht an der Ziellinie. OAC-Cheftrainer Dathan Ritzenhein verrät, wie du Körper und Geist nach einem Marathon richtig erholst.

Text von Laura Markwardt. Fotos von Colin Wong und Lea Kurth.

«Es heisst, dass du nicht zu viel trainieren, sondern dich nur zu wenig erholen kannst», sagt Dathan Ritzenhein, Cheftrainer des On Athletics Club (OAC). «Und das ist ein Stück weit wahr.» 

Der ehemalige olympische Läufer verweist auf die steigenden Distanzen, die Profis wie Amateur*innen in der Vorbereitung auf einen Marathon zurücklegen müssen. Beim Marathon hängt der Erfolg davon ab, dass du langfristig qualitativ hochwertige Trainingsblöcke aufeinander aufbaust. Die werden häufig in einem Marathon-Trainingsplan dargestellt. Ebenso wichtig ist die ganzheitliche Erholung zwischen den Trainingsblöcken und nach dem Rennen: sanfte Selbstfürsorge, Schlaf und Ernährung. 

Warum Erholung nach dem Marathon wichtig ist

Nach monatelanger Vorbereitung und den körperlichen Strapazen eines 42,195 km langen Laufs braucht der Körper Zeit, um sich zu erholen. Wird diese entscheidende Phase vernachlässigt, kann das zu Verletzungen, Burnout und anhaltender Müdigkeit führen. 

Die Assistenz-Cheftrainerin des OAC, Kelsey Quinn, bestätigt: «Erholung ist eine grosse Sache. Es klingt banal, ist aber schwierig umzusetzen.» Eine gute Erholung bringt anhaltenden Trainingsfortschritt. Wer sie ernst nimmt, stärkt die Leistung, senkt das Verletzungsrisiko – und ist bereit für das nächste Rennen. 

«Es heisst, dass du nicht zu viel trainieren, sondern dich nur zu wenig erholen kannst.»

In der Erholungsphase haben die Muskeln Zeit, sich zu regenerieren, die Energiespeicher füllen sich wieder, und der Körper kann sich an die Strapazen eines Marathons gewöhnen. Führende Profis wie Hellen Obiri und Samuel Fitwi setzen ebenso auf Erholung wie auf lange, langsame Läufe. Unzureichende Regeneration kann auch zu Übertraining führen – und deine Leistung bei zukünftigen Rennen verschlechtern. 

So wie du dein Training sorgfältig geplant hast, musst du auch deine Erholung sorgfältig planen. Von kurzfristigem Denken wird abgeraten. Es geht immer um die «langfristige Lösung», wie Ritzenhein es nennt.

Beginne deine Schlaf- und Erholungsroutine während des Trainings

Nicht alle haben den Luxus eines Profi-Trainingsplans. Wenn du wie die meisten Training und Alltag vereinbaren musst, rät Ritzenhein: «Lange Läufe am Wochenende oder Trainings am frühen Morgen können dazu führen, dass sich deine Priorität während des Marathontrainings für einige Monate in Richtung Erholung verschiebt.»

Als Vorbild unter den Profis verweist er auf die Olympionikin «Hellen [Obiri]], die Meisterin der Erholung».

«Sie kann sich stärker pushen als die meisten Sportler*innen. Aber sie kann sich auch besser erholen als alle anderen», sagt er. «Hellen macht zweimal am Tag ein Nickerchen und schläft jede Nacht gut. Für durchschnittliche Sportler*innen ist das vielleicht nicht möglich, aber Schlaf ist etwas, dem du Priorität einräumen musst.»

Wie sieht die Alternative für Amateur*innen aus, die nicht zweimal am Tag ein Nickerchen machen können? «Wenn du früh aufstehen musst, um vor der Arbeit zu trainieren, musst du eben früh ins Bett gehen», sagt Ritzenhein. «Was sich wie ein Opfer anfühlt, dauert nur ein paar Monate. Aber um einen Marathon erfolgreich zu laufen, musst du diese Opfer bringen. Die Belastung, die du deinem Körper zumutest, ist nicht normal».

Erholung direkt nach dem Rennen

Was du in den ersten Stunden nach dem Zieleinlauf tust, ist entscheidend für deinen Erholungsprozess. Ritzenhein: «Zu den Fixpunkten beim Marathon gehört, dass du nur eine begrenzte Menge Energie im Körper hast.»

«Du hast nur eine begrenzte Menge Energie im Körper.» 

Um einen Teil dieser Energie zurückzugewinnen, wird empfohlen, innerhalb von 30 Minuten nach dem Zieleinlauf eine Mischung aus Kohlenhydraten und Proteinen zu sich zu nehmen. Dadurch werden die Glykogenspeicher wieder aufgefüllt und das Muskelgewebe repariert. Am besten ist das Verhältnis 3:1 oder 4:1 zwischen Kohlenhydraten und Proteinen. Probiere es mit einer Banane mit Erdnussbutter, einem Smoothie oder einem Energy-Drink.

Trink Wasser und Elektrolyte, um den Flüssigkeitsverlust während des Rennens auszugleichen. Verzichte auf ein Bier nach dem Lauf und vermeide generell Alkohol. Dieser kann dich noch mehr dehydrieren.

Auch die verschwitzte Laufkleidung solltest du so schnell wie möglich ausziehen. Trag bequeme, locker sitzende Kleidung, die es deinem Körper ermöglicht, sich abzukühlen und seine Kerntemperatur besser zu regulieren. Kompressionsstrümpfe können die Durchblutung verbessern und Muskelkater lindern.

Stretching und Mobility

Sanftes Dehnen kann Steifheit vorbeugen und die Durchblutung verbessern. Konzentriere dich auf dynamische Bewegungen, die deine Durchblutung fördern, ohne müde Muskeln zu überlasten. Beim Stretching zählen folgende zu den wichtigsten Körperteilen:

-Kniesehnen: Dehne die Kniesehnen sanft, indem du einen Fuss auf einer niedrigen Stufe platzierst und dich leicht nach vorne beugst.

-Oberschenkel: Halte den Knöchel hinter dir hoch und ziehe ihn sanft zum Gesäss, um die Oberschenkelmuskulatur zu dehnen.

-Hüftbeuger: Mach einen Ausfallschritt nach vorne, leg das andere Knie auf dem Boden ab und drück die Hüfte nach vorne, um die Hüftbeuger zu strecken.

-Faszienrollen: Damit kannst du verspannte Muskeln lockern und die Beweglichkeit verbessern. Konzentriere dich auf die Waden, Oberschenkel und Kniesehnen.

Die nächsten Tage: Aktive Erholung

«Mehr Erholung nach einem Marathon ist immer besser. Massage, Physio, Essen und Ruhe», sagt Ritzenhein. «Im Alltag ist das begrenzt möglich, aber du musst dich von den vorherigen Sessions erholen». 

In den Tagen nach dem Marathon solltest du dich aktiv erholen, damit dein Körper heilt und die Muskeln sich regenerieren können.

Frühestens ab dem dritten Tag solltest du leichte Aktivitäten wie Spaziergänge, Schwimmen oder Radfahren wieder aufnehmen. Dehn dich weiterhin und nutze die Faszienrolle, um deine Beweglichkeit zu erhalten.

 «Mehr Erholung ist immer besser. Massage, Physio, Essen und Ruhe.»

Wenn du dich bereit fühlst, kannst du zwei bis drei Wochen nach dem Marathon wieder mit kurzen, leichten Läufen beginnen. Lauf nur so schnell, dass du dich noch unterhalten kannst. Und hör auf deinen Körper. Wenn du Schmerzen oder übermässige Müdigkeit verspürst, schalte einen Gang zurück und konzentriere dich wieder auf die Erholung.

Schlaf hat weiterhin oberste Priorität. Beim Schlafen leistet dein Körper den grössten Teil seiner Erholungsarbeit. «Du musst jede Kleinigkeit beachten, aber auch Grundlegendes wie Schlaf», sagt Ritzenhein. Versuche, sieben bis neun Stunden pro Nacht zu schlafen. Träumst du vom Marathon? Auch das zählt.

Methoden der Erholung

Neben Ruhe, Schlaf und guter Ernährung können auch verschiedene Erholungsmethoden den Heilungsprozess unterstützen und die gefürchtete DOMS (Delayed Onset Muscle Soreness) reduzieren.

Dazu gehören Kryotherapie oder Eisbäder. Auch eine professionelle Sportmassage kann helfen, Verspannungen zu lösen und die Durchblutung zu verbessern. Empfohlen wird eine Massage zwei bis drei Tage nach dem Marathon. 

Bei anhaltenden Schmerzen oder Steifheit solltest du deiner Physiotherapie-Praxis einen Besuch abstatten,rät Ritzenhein. Profis gehen regelmässig zur Physiotherapie. Dort erhalten sie gezielte Behandlungen und Übungen, um spezifische Probleme anzugehen.

Wieder auf Kurs

Mit einem ausgewogenen Erholungskonzept kannst du dein nächstes Laufziel gestärkter und resilienter in Angriff nehmen. Wie Ritzenhein bestätigt, ist die «Untererholung» real. Wer seinem Körper nach einem Marathon die nötige Ruhe und Pflege gönnt, legt den Grundstein für weitere Fortschritte und verletzungsfreies Laufen.