

Mit Tennisstar Ben Shelton und Podcaster Rich Roll als Fans werden Eisbäder als Erholungsmethode immer beliebter. Entdecke jetzt mehr über die Vorteile – und wie kalt du baden solltest.
Text von Laura Markwardt. Fotos aus dem On Archiv und von Theo McInnes.
Die Kryotherapie, die den Körper mehrere Minuten lang extrem niedrigen Temperaturen aussetzt, erfreut sich aufgrund ihrer positiven Effekte auf Gehirn und Körper immer grösserer Beliebtheit. Sie ist aber mehr als nur ein Verjüngungstrend. Viele On Athlet*innen setzen daher schon lange auf Kälte zur Regeneration.
Der Ultra-Ausdauersportler und Cheerleader fürs Wohlbefinden Rich Roll erklärt in einem Interview mit Judd Apatow: «Was den Flow-Zustand betrifft, so ist das kalte Baden als Antidepressivum und als etwas, das dich beruhigt und deinen Kopf frei macht, ziemlich effektiv.»
Wie Roll betont, spielt die Psyche eine grosse Rolle beim Eisbaden. Die Forschung zeigt, dass die unzähligen physiologischen Vorteile des kalten Wassers – von der Stärkung des Immunsystems über die Durchblutung bis hin zu Stressabbau und Konzentrationssteigerung – subjektiv oder anekdotisch sein können. Es scheint jedoch (wie bei so vielen Dingen) Konsens zu sein, dass es einen Nutzen hat, wenn man (mental) denkt, dass dem so ist.
Die Wirksamkeit von Eisbädern hängt von der richtigen Dosis ab, denn die Wirkung des kalten Nass lässt nach, wenn es zur Normalität wird. Eisbäder sollten also nur nach den härtesten Trainings- oder Wettkampfeinheiten durchgeführt werden. Sie können aber auch die Rettung sein, wenn du dich möglichst schnell wieder fokussieren musst, um gleich wieder an den Start gehen zu können.
Da die anekdotischen Vorteile von Eisbädern so zahlreich und vielfältig sind, kann es hilfreich sein, sich vor dem Baden zu überlegen, worauf du dich konzentrieren möchtest. Das ist eine gute Zeit, sich von den Besten inspirieren zu lassen. Ein Paradebeispiel ist der On Athlet und Tennisstar Ben Shelton:
«Ich nutze Eisbäder zur Erholung und gegen Muskelkater. Ich arbeite regelmässig mit einem Physiotherapeuten zusammen, aber manchmal ist es gut, verschiedene Methoden zu haben, um Verletzungen vorzubeugen, und ein Eisbad ist eine davon. Es ist auch etwas, das ich alleine machen kann, wenn mein Physiotherapeut nicht da ist.»
Die Triathletin und IRONMAN 70.3-Medaillengewinnerin Fenella Langridge schraubt die Temperaturen nach unten, um sich lebendig zu fühlen: «Ich nehme ab und zu Eisbäder. Ich habe eine Phase der Kontrasttherapie hinter mir – eine heisse Infrarotsauna, um mich auf die Hitze vorzubereiten – und anschliessend ein Eisbad. Wenn du aus der Hitze in die Kälte kommst, hast du das Gefühl, dass das Blut wieder in den Körper zurückschiesst und du bist danach voller Energie und Tatendrang ist.»
Shelton ist auch dafür bekannt, in Reisepausen Eisbäder zu nehmen: «Ich nutze Eisbäder häufiger, wenn ich zu Hause in Florida bin, weil sie in meiner Trainingsanlage bereitstehen. Ich muss sie nicht wie unterwegs im Badezimmer meines Hotelzimmers selbst machen.»
Auch wenn keine Trainingsanlage in der Nähe ist, zeigen die Profis, dass du mit einer Badewanne auskommst, egal wo du dich befindest.
Fülle dein «Bad» einfach mit Eis oder mit Wasser und Eis im Verhältnis von etwa 3:1, so dass der ganze Körper bestmöglich bedeckt ist. Wie tief du in das Bad eintauchst, hängt von deinem Trainingsschwerpunkt ab – und davon, was dein Körper aushält.
Wenn du keine Badewanne hast, kannst du auch einen aufblasbares Kinderbad kaufen, das den gleichen Effekt hat, oder einen grossen Eimer (für ein gezielteres Bad der unteren Körperhälfte).
Läufer*innen sollten Beine und Füsse eintauchen, aber auch Hüften und Rücken können nach ausreichender Akklimatisierung von einem Ganzkörperbad profitieren.
Wasser wird bei 0 Grad Celsius zu Eis. Für ein Eisbad sollte das Wasser etwa 10-15 Grad Celsius warm sein.
Bei einem Wasser-Eis-Verhältnis von 3:1 dauert dies in der Regel circa 10 Minuten, bei reinem Eis in der Wanne ist es sofort so weit. Wenn die Temperatur stimmt, kannst du dich in die Wanne legen und das «heilende» Wasser arbeiten lassen.
Die Forschung hat gezeigt, dass die Kältebehandlung den grössten Nutzen hat, wenn du bis zu 20 Minuten eintauchst. Wenn du zum ersten Mal ein Eisbad nimmst, wird es dir wahrscheinlich schwerfallen, so lange drin zu bleiben. Es ist Teil des Prozesses, eine Toleranz zu entwickeln, um die Unannehmlichkeiten jedes Mal etwas länger zu ertragen.
Erinnere dich daran: Wenn du dich in ein Eisbad setzen kannst, beweist du auf einer Mikroebene, dass du die Fähigkeit hast, schwierige Dinge zu tun, um in der Zukunft ein Ziel zu erreichen. Wenn du dich daran gewöhnen kannst, hast du eine übertragbare Fähigkeit: Die Fähigkeit, Unangenehmes akzeptieren zu können, kannst du bei Bedarf auf andere schwierige Lebensbereiche ummünzen.
Sicher wirst du auf die Uhr schauen und die Minuten zählen, aber eines solltest du nicht vergessen: kontrolliert atmen.
Durch den Schock, den der Körper beim Eintauchen in die Wanne erfährt, beginnen die meisten Menschen von Natur aus flach und schnell zu atmen. Doch du solltest genau das Gegenteil tun: Durch tiefes Einatmen gelangt mehr Sauerstoff in die Lunge und wird so im Körper verteilt.
Die Kälte regt die Durchblutung der Muskeln an und hilft, kleine Risse, die durch das Training oder den Lauf entstanden sind, zu reparieren. Atme sieben Sekunden lang ein, halte die Luft zwei Sekunden lang an und atme dann sieben Sekunden lang aus, um einen guten Rhythmus zu finden.
Manche Profis legen ihre Hände unter die Achseln oder in die Kniekehlen: Dort, wo die Haut am dünnsten ist, reagiert sie oft am empfindlichsten auf kaltes Wasser. Die Hände dort zu platzieren, kann dir helfen, das eisige Gefühl zu bekämpfen – oder dich zu entspannen, während du den Countdown bis zur kuscheligen Handtuch-Zeit runterzählst.
Je länger du in der Wanne sitzt, desto unempfindlicher wird der Körper. Dies kann zu einem sofortigen Kraftverlust führen, der es dir erschwert, dich selbst herauszuziehen, vor allem beim ersten Mal. Es ist daher ratsam, bei den ersten Eisbädern zu Hause eine Begleitperson dabei zu haben.
Mögliche Erfrierungen und Unterkühlungen können Neulinge beunruhigen, obwohl beides unwahrscheinlich ist, da das Bad über dem Gefrierpunkt liegt (für Erfrierungen) und du nicht lange untertauchen wirst (bis zur Unterkühlung dauert es in der Regel mindestens 30 Minuten). Aber jeder Mensch ist anders, also höre auf deinen Körper und entscheide, was sich richtig anfühlt.
Wenn du fertig bist, steige vorsichtig aus dem Bad (bloss nicht ausrutschen) und nimm dir die Zeit, dich mit einem warmen Handtuch abzutrocknen oder eine warme Dusche zu nehmen, bis du dich wieder wohlfühlst. Manche Menschen brauchen etwa 20 Minuten, um wieder in den «Normalzustand» zu kommen, und wenn dir dabei zu kalt ist, kann ein warmes Getränk den Prozess beschleunigen.