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Swiss Performance Running Shoes & Clothing

Die Kälte bezwingen: Eine Ultraläuferin gibt Tipps zum Packen bei kaltem Wetter

On Athletin und Ultraläuferin Kirra Balmanno überquert schneebedeckte Berge nicht nur dank einem positiven Mindset. Dazu gehört auch eine Ausrüstung, die sie vor Kälte schützt und zu Höchstleistungen anspornt. Hier erklärt sie alles, was du wissen musst.

Text von Kirra Balmanno. Fotos von Gabriel Tarso und Claudio Zenger.


Wenige Minuten vor Sonnenaufgang erreiche ich den Gipfel des Thorung La, eines hohen Passes im nepalesischen Himalaya. Meine Augen – der einzige Teil von mir, der den Elementen ausgesetzt ist – blinzeln durch Schichten von Kleidung. Ich spüre meine Hände und Füsse nicht mehr. Ich stehe alleine neben einem Haufen wild wehender Gebetsfahnen auf 5.500 Metern über dem Meeresspiegel.


Ich bleibe einige Minuten stehen und betrachte ehrfürchtig das rosa Licht, das sich sanft über die schneebedeckten Annapurnas erhebt, die mich umgeben. Ich stelle mir vor, wie die Sonne aufgeht und ein warmes Licht auf das Dach der Welt wirft. Aber ich warte nicht auf ihre Ankunft. Denn um die Körperwärme zurückzugewinnen, die ich verloren habe, um diese wenigen atemberaubenden Momente zu erleben, zittert mein Körper jetzt wie die Gebetsfahnen: Es war einer meiner kältesten, aber auch einer meiner unglaublichsten Morgenläufe. 


Das Schöne an der Kälte ist, dass du dich in ihr unwohl fühlen kannst. Darin liegt der Reiz, sich bei niedrigen Temperaturen zu bewegen. Wenn du die bittere Kälte überwunden hast, kannst du dich fragen: Was kann ich als Nächstes erreichen?



Das Laufen bei Kälte verstehen

Der Übersichtlichkeit halber unterteile ich «Kälte» in vier Kategorien:

Milde Kälte: Knapp über 0°C. (Du beendest den Lauf mit rosigen Wangen.)

Mässige Kälte: 0°C bis -10°C. (Das Öffnen der Schnürsenkel dauert doppelt so lange.)

Starke Kälte: -10°C bis -15°C. (Die Schnürsenkel lassen sich nicht öffnen.)

Extreme Kälte: -15°C und darunter. (Du frierst dir buchstäblich die Zehen ab – Frostbeulengefahr.)

Auch kalte Winde müssen beim Packen für einen Winterlauf berücksichtigt werden. 

Die Herausforderung beim Laufen in der Kälte besteht nicht nur darin, dass die Finger nicht mehr so geschmeidig sind und die Haustür mit beiden Händen geöffnet werden muss. Es geht über die laufende Nase und die zusätzliche Zeit, die du zum Ankleiden und Aufwärmen brauchst, hinaus. 


Das Laufen in der Kälte (einschliesslich der Überwindung, überhaupt nach draussen zu gehen) kann sehr unangenehm sein. Unser Gehirn ist so verdrahtet, dass es uns in Sicherheit und Geborgenheit halten will. Deshalb fällt es uns schwer, aus dem kuscheligen Bett aufzustehen, wenn der Wecker in der morgendlichen Dunkelheit klingelt.

Das Schöne an der Kälte ist, dass du dich in ihr unwohl fühlen kannst.

Dieser innerliche Widerstand macht das Laufen in der Kälte zu einer unglaublichen Lebenserfahrung. Sich diesem Unbehagen zu stellen schafft Selbstvertrauen, Motivation und ist ein Katalysator für Wachstum.

Grundlagen des Lagenlooks: Die Wichtigkeit der Lagen 

Es gibt viele Faktoren, die die Körpertemperatur beim Sport im Freien stark beeinflussen können: Von wechselnden Höhen und Winden bis zur variierenden körperlichen Anstrengung bei langen, langsamen Läufen, Intervall-Läufen oder langen Downhills. Deshalb ist das Tragen von Schichten nicht nur eine praktische Entscheidung. Die Schichten sind grundlegend für den Erfolg und die Sicherheit deines Laufs. 

Jeder Mensch hat eine andere Kältetoleranz. Meine Hände frieren bei Kälte ein und sind unbrauchbar, während meine Beine schön warm bleiben. Bei dir kann das Gegenteil der Fall sein. Der Schlüssel zur besten Schichttechnik liegt darin, herauszufinden, was für dich am besten funktioniert, und das dann anzuwenden. 

Ziel ist es, warm genug zu sein, um die Leistungsfähigkeit beim Laufen zu erhalten, aber nicht so viel zu schwitzen, dass du beim Bergablaufen unterkühlst – und so leicht wie möglich gekleidet zu sein, ohne zu viel Kompromisse beim Komfort.


Das Wichtigste für die Basisschicht

Beginne mit einer eng anliegenden Basisschicht, die Wärme speichert und Feuchtigkeit ableitet. Bei Minusgraden ziehe ich eine (oder zwei) Merinolagen mit langen Ärmeln an. Für alles, was wärmer ist als starke Kälte, ist das superleichte, schweissableitende Performance Long-T meine erste Wahl. 


Essentials für die mittlere Schicht

Trage das Performance-T doppelt oder ziehe das Climate Shirt darüber. Das sorgt für zusätzliche Wärme bei mässig bis stark kaltem Laufwetter. Einfach um die Hüfte binden, wenn du warm wirst. 

Dabei gilt es, wind- und wasserabweisende Schichten zu vermeiden. 


Optionen für die äussere Schicht

Dein Ziel ist es, die Wärme drinnen und die Kälte draussen zu haben. 

Ich liebe den Waterproof Anorak bei mässiger Kälte, wenn ich beim Laufen mit Wind und Regen rechne oder wenn ich eine zusätzliche Wärmeschicht brauche. Für den Schutz, den er bietet, ist er leicht. Und wenn ich einen anstrengenden Aufstieg vor mir habe, kann ich ihn einfach zusammenrollen und um die Hüfte binden. 

Die Switch Jacket und die Insulator Jacket sind ideal für Läufe, die etwas abgelegener sind, oder wenn du eine Kaffeepause einlegen oder pendeln möchtest, bevor du die Laufkleidung ausziehen kannst.

An den «Thorung La»-Tagen trage ich alles oben Genannte mit der Challenger Jacket darüber, zwei Schlauchtücher, eine Beanie, normale Tights über den Winter-Tights, lange dicke Socken und winddichte Handschuhe.

Notwendige Ausrüstung und Zubehör 

Grundlegendes zu den Schuhen: Wenn es mässig kalt ist, ziehe wasserdichte Schuhe an. Der Cloudvista Waterproof ist einer meiner Favoriten auf den Trails. 

Wenn du auf deiner Route mit Eis rechnen musst, solltest du einen steiferen Schuh wählen, an dem du zusätzlich Mikrospikes anbringen kannst: Das ist eine der Sachen, die einer echten Superkraft am nächsten kommen. 

Achte beim Laufen im Schnee auf kurze Schnürsenkel, da sich an ihnen sonst mehr Eis ansammeln kann. Das erschwert das Öffnen der Schnürsenkel nach dem Lauf. 


Auswahl für die Hände und den Kopf 

Die meiste Strahlungswärme geht über Kopf und Hals verloren. Wenn wir diese Bereiche warm halten, können wir zusätzliche Schichten am Körper reduzieren. Ich trage zwei Schlauchtücher – eins um den Hals, das ich hochziehen kann, um zu atmen, wenn die Luft sehr kalt ist, und eins am Kopf oder am Handgelenk. 

Extreme Kälte erfordert eine Merino Beanie, die den Kopf warm hält und die ungewaschenen Haare während eines mehrtägigen Laufs im Gebirge bedeckt (dies verringert das Risiko einer Unterkühlung).

Handschuhe und Fäustlinge sind unerlässlich, und eine winddichte Aussenschicht bietet zusätzlichen Schutz, wenn du oberhalb der Baumgrenze unterwegs ist. Dort bläst der Wind besonders stark. 


Zu den Socken

Lang und dick: So hältst du die Achillessehnen warm und den Schnee aus den Schuhen. 

Tipp: Wenn ich meine wasserdichte Kleidung nicht dabei habe und unerwartet Schnee oder Windkühle bei starken bis extremen Temperaturen auftritt, wickele ich eine Plastiktüte zwischen zwei Socken um meine Zehen. Das hat mir in Khumbu [Nepal] geholfen, einen weiteren Arztbesuch mit Erfrierungen zu vermeiden.


Zusätzliche Accessoires

An kurzen Wintertagen ist eine Stirnlampe unerlässlich, es sei denn, du trainierst ausschliesslich bei Tageslicht. Trage reflektierende Kleidung, damit du von Autos gesehen wirst. 

Weiche Flaschen sind ideal, um hydriert zu bleiben. Denk daran, dass Trinkflaschen mit Filter nicht mehr richtig filtern, wenn sie einfrieren. Und nimm deine Sonnenbrille mit für die Tage oberhalb der Baumgrenze, wo viel UV-Licht vom Schnee reflektiert wird, was zu Schneeblindheit führen kann. 

Besondere Bedingungen berücksichtigen 

Wer bei Schnee und Eis läuft, sollte auf seine Umgebung Rücksicht nehmen. Selbst erfahrene Läufer*innen sind beim Versuch, Schneebrücken über Flüsse zu überqueren oder beim Steckenbleiben in Stürmen ums Leben gekommen. Im Hinblick auf deine Gesundheit und Sicherheit solltest du lernen, die Risikofaktoren und Symptome von Unterkühlung und Erfrierungen zu erkennen und Sofortmassnahmen und Behandlungen zu ergreifen. Die Risiken sollten nicht auf die leichte Schulter genommen werden, denn das Ziel ist immer, einen weiteren Tag zu laufen. 

Das Aufwärmen

Nach dem Anlegen der Schichten ist es Zeit, dich aufzuwärmen, bevor du nach draussen gehst. Zehn bis fünfzehn Minuten Skipping, Indoor-Cycling und Beweglichkeitsübungen sind meine wichtigsten Methoden, um mich aufzuwärmen, bevor ich ins Freie gehe und mit einem langsamen Tempo den Lauf beginne. 

Essen und Trinken bei kalten Läufen 

Auch wenn du bei kaltem Wetter nicht so stark schwitzt, verlierst du durch Bewegung und Atmung Flüssigkeit. Nimm deshalb bei längeren Läufen etwas Wasser mit, trinke gegen den Durst und passe deine Elektrolytzufuhr entsprechend an. 

Der Nahrungsbedarf ändert sich im Winter nicht wesentlich, ausser dass sich manche Gelpackungen mit eingefrorenen Händen nicht so leicht öffnen lassen. 

Erholung und Care nach dem Lauf 

Zieh dich gleich nach dem Lauf warm an und dehne dich, solange die Muskeln noch warm sind. Wenn es richtig kalt ist, hilft es, wenn jemand zu Hause ist, der dir die Schnürsenkel und die Tür öffnet. Die goldene Regel lautet: Zieh verschwitzte Kleidung so schnell wie möglich aus. 

Fazit

Das Laufen bei kaltem Wetter erfordert mehr Vorbereitung und kann unangenehm, aber auch sehr belohnend sein (wenn du dich vor dem Lauf aufwärmst und Erfrierungen vermeidest). Eine gute Vorbereitung, sowohl was die Ausrüstung als auch das Mindset betrifft, wird dir in den kälteren Monaten viel mehr bringen als nur Fitness.

Erfahre mehr über Kirra Balmannos Ultra Running Abenteuer in den Bergen: vom Laufen bis zum Everest-Basislager in Nepal, über die wilden Trails des georgischen Kaukasus und ihre Geschichten von mehrtägigen Bergläufen.