

Dan Thawley spricht mit Dongjoon Lim, dem Creative Director von Post Archive Faction (PAF), über die Kollaboration mit On und das Kreieren einer visionären Kollektion mit einer «neuen Designsprache».
Text von Dan Thawley. Fotos von Alex Cascallana und Simon Almers.
Juni 2023: Wir sind im Pariser Showroom für die Partnerschaft von On mit der Designermarke Post Archive Faction (PAF) aus Seoul.
Die Fusion von starker visueller Sprache und grenzüberschreitenden Konzepten definiert die beiden Brands – eine aus der Schweiz und eine aus Südkorea. Über die spiralförmige Rampe steigen die Besucher\*innen mehrere Stockwerke eines leeren Industrieparkhauses hinauf. Sie treffen auf interaktive Inseln, auf denen LED-Bildschirme ihre Körperbewegungen in Silhouetten umwandeln, die von einer Meta-Vision-Kamera in ständiger Bewegung gezeigt werden. Konzentrische «Kornkreise» werden zu Symbolen des Projekttitels: Current Form 1.0.
PAF geht auf Dongjoon Lim zurück, einen autodidaktischen Millennial-Modedesigner, dessen Studium in Industriedesign seine avantgardistische Herangehensweise an Kleidung beeinflusst hat. Lim gründete PAF zusammen mit Sookyo Jeong im Jahr 2018. Sie stellen traditionelle Schnittmustermethoden in Frage und wenden radikale Techniken auf technische Stoffe an. Daraus entstehen organische Formen und explodierende Silhouetten, die unerwartete Texturen und Schattierungen kombinieren.
Sie arbeiten in Serien (anstatt in traditionellen Modesaisons) und haben bisher sieben Hauptkollektionen veröffentlicht, die ihre avantgardistische Ästhetik widerspiegeln. Die Kleidung von PAF ist einzigartig und wird von einer Fangemeinde aus der utilitaristischen «Gorpcore»-Fashion gefeiert – und von allen, die einfach nach innovativen Formen von Streetwear suchen. Ob Bomberjacken mit geschwungenen Reissverschlüssen und kissenartiger Füllung, amorphe Taschen, die aus asymmetrischen, matten Nylonhosen herauswachsen, oder optisch weisse Hemden mit lasergeschnittenen Konstellationen: PAF verschmelzt Archetypen und Freeform-Design auf einzigartige Weise.
Die Methodologie von PAF hat die On × POST ARCHIVE FACTION (PAF) Kollektion Current Form 1.0 mit buchstäblichen und figurativen Schichten durchdrungen. Zweifarbige Designs in Grautönen und Mondstaubgelb, Schwarz auf Schwarz-Ensembles mit komplexen 3D-Mustern und konturierte Silhouetten, die sowohl ästhetisch als auch funktional sind. «Die Stoffe sind sehr leicht und sehr leistungsorientiert», sagt Lim. «Zusätzlich bieten sie eine hervorragende Ventilation. Es ist ein Hochleistungsprodukt, wie ein Sportwagen. Wunderschön designte Ausrüstung für Leistung.»
Dan Thawley: Erzähl mir etwas über die Geschichte von Post Archive Faction (PAF) und wie ihr angefangen habt. Woher kommt der Name?
Dongjoon Lim: Der Name ist einfach. Post Archive bedeutet «nach dem Archiv» und Faction bedeutet «Gruppe von Leuten», vor allem im politischen Sinne. Ich denke, heutzutage können wir wirklich auf alle Arten von Archiven im Internet zugreifen, sogar über KI – es ist verrückt. Vielleicht können wir bald noch einfacher auf Archive zugreifen und auch KI-generierte Designs erstellen. Aber aktuell konzentrieren wir uns darauf, Archive zu erforschen und eine neue Generation von Archiven aufzubauen. Archive sind zeitlos, zumindest für mich.
DT: Wie beeinflusst das deinen Designansatz?
DL: Wir konzentrieren uns immer auf Uniformen. Wenn ich an meine Jugend zurückdenke, habe ich die Hälfte meines Lebens in Uniform verbracht. In der Mittel- und Oberstufe trug ich eine Schuluniform, danach war ich beim Militär. Die meisten koreanischen Männer dienen etwa zwei Jahre beim Militär. Danach wollte ich einfach meine eigene Art von Uniform entwerfen. Das Wort «uni» bedeutet «eins» auf Lateinisch. Und was wir machen, ist, eine Uniform in eine Multiform zu verwandeln: rechts, Mitte und links. Das kannst du dir wie ein politisches Spektrum vorstellen. Rechts ist eine eher konservative Position. Links ist radikal und experimentell. Und die Mitte liegt dazwischen. Auf diese Weise sind wir vom Uniformen zum Multiformen gekommen. Manchmal beginnen wir auf der rechten Seite mit einem sehr konservativen Stück oder einem sehr konservativen Design. Aber wir versuchen immer, eine gewisse Interaktion oder Transformation zwischen Objekten oder Kategorien zu schaffen. Ich habe Industriedesign studiert, nicht Mode. Um eine Kollektion zu entwerfen, musste ich also meinen eigenen Rahmen erschaffen.
DT: Wie kam es zum ersten Kontakt mit dem On Team?
DL: Kennst du den Instagram-Account @organiclab.zip? Das ist ein forschungsorientierter, kuratierter Account. Eine neue Art von Enzyklopädie. Ich verfolge ihn seit über fünf Jahren und bin mit dem\*r anonymen Pionier\*in hinter dem Account gut befreundet. Dann, eines Tages in Paris, etwa zur Zeit von Virgils letzter Louis Vuitton Show 2021, stellte mich diese\*r Freund\*in dem On Team vor. Das war der Anfang. Wir assen zu Abend und sprachen über eine Zusammenarbeit. Es fühlte sich sehr natürlich und organisch an. Später machten wir einen «Immersion Trip» in die Schweiz, um die Berge zu sehen und mit dem Team zu wandern, bevor wir mit dem Design loslegten.
DT: Wie hast du das Konzept von PAF auf die Current Form 1.0 Kollektion mit On angewandt?
DL: Es geht darum, eine radikale Version von On zu präsentieren. Aber «radikal» ist relativ. Wir versuchen, eine Balance zwischen zwei verschiedenen Spektren zu finden. Diese soll gleichzeitig eine andere Farbe und eine andere Form erschaffen, die unsere verschiedenen Welten miteinander verschmelzen lässt.
Als wir die Designsprache von On zum ersten Mal sahen, fanden wir sie systematisch – wie die Schrift Helvetica. Sehr minimalistisch, effizient, funktional. Sie ist wie eine gerade Linie. Wir haben daraus eine Kurve gemacht. Das ist die Hauptbedeutung von «Faction»: Es gibt eine Art ursprünglichen Strom. Eine «Faction», eine Fraktion, wird vom ursprünglichen Strom abgetrennt, um einen neuen Strom zu schaffen.
DT: Erzähl mir, wie ihr den Cloudmonster 2 angegangen seid.
DL: Wir haben versucht, eine neue Designsprache zu finden. Was wir erreicht haben, ist ziemlich simpel im Vergleich zu anderen aktuellen Kollaborationen in der Branche. Diese sind oft sehr übertrieben, sehr bunt und dramatisch. Wir wollten eine neue Richtung für Laufschuhe erschaffen, die von der neuen Ästhetik zeitgenössischer Mode geprägt ist. Aber gleichzeitig wollten wir als Designer\*innen einfach etwas Schönes kreieren, das ich im Alltag tragen würde. Für den vorderen Teil des Schuhs haben wir uns von der Kurve der Limmat, dem Fluss in Zürich, inspirieren lassen. Ich liess mich die Limmat hinuntertreiben, als ich On besucht habe. Das hat mir sehr gefallen. So etwas habe ich noch nie gesehen. Das Wasser ist so sauber. Es war unglaublich. Also haben wir die Form und die Energie der Limmat extrahiert und auf die Schuhe und die Kleidung übertragen, um ein sehr organisches und schönes Produkt zu schaffen, das auf dem Cloudmonster 2 basiert. Es geht um die Idee, dass Stadt und Natur in perfekter Weise koexistieren.
DT: Was hältst du von der Idee des «Gorpcore» [ein Outdoor- und Trail-inspirierter, funktionaler Modetrend]? Ist das etwas, das dich inspiriert? Oder fühlst du dich quasi als organischer Teil davon, weil die funktionale Ästhetik von PAF einfach zu dieser Welt passt?
DL: Ich mache gerne Funktionales. Seoul, wo wir unser ganzes Leben verbracht haben, kennt verschiedene Jahreszeiten: Herbst, Winter, Frühling und Sommer. Natürlich verändert sich das durch den Klimawandel. Aber wir haben intensive Winter. Wir haben intensive Sommer. Wir haben einen schönen Frühling und einen schönen Herbst. Wir müssen also etwas tragen, das gut aussieht und gleichzeitig praktisch für die entsprechende Jahreszeit ist.
DT: Siehst du noch andere Verbindungen in der Art und Weise, wie Schweizer\*innen und Südkoreaner\*innen über Design oder Lifestyle denken?
DL: Beide Länder sind klein, die Städte durch Berge und Flüsse getrennt. Die Menschen haben hohe Ansprüche an Design, Ästhetik und Leistung. Leistungsfähige Kleidung und die Natur – die Menschen mögen beides sehr. Die Generation unserer Eltern und Grosseltern fährt jedes Wochenende in die Berge. Dort haben sie eine riesige Community. Das ist so toll, ihr Stil voller Lokalkolorit. Wie Oma und Opa Gorpcore [lacht].
DT: Erzähl uns etwas über die einzigartigen Details der Kollektion: die Perforationen und Punktmuster auf den Kleidungsstücken. Es sieht aus, als würden die Stücke atmen.
DL: Genau. Sie sind sehr präzise und bewusst gestaltet. Ästhetisch gesehen haben wir versucht, organische Elemente in die Kollektion zu integrieren, die etwas völlig Künstliches ist. Darin liegt eine gewisse Ironie. Die Limmat zum Beispiel [der Fluss, der durch die Zürcher Innenstadt fliesst] ist nicht zu 100 Prozent natürlich. Sie ist teilweise künstlich, weil ihr Verlauf manipuliert wurde, um in Harmonie mit der Stadt zu existieren. Diese Dualität schaffen wir auch in unserem Produkt. Wir wollen Dinge kreieren, die uns an eine organische Form erinnern. Ich liebe es, mit solchen Designelementen als Interaktion zu spielen. Es ist wie eine Interaktion in unseren Köpfen und in unseren Händen. Es könnte wie ein paar Partikel aussehen oder wie Schlammspritzer. Es könnte wie Wassertropfen aussehen, wie etwas Nasses. Ich versuche immer, solche Möglichkeiten zu eröffnen, weil das unsere Vorstellungskraft anregt. Dieses Design-Denken macht wirklich Spass. Und was die Funktion angeht: Die Elemente sind reflektierend. Das hilft einerseits, nachts sicherer zu laufen. Und stell dir andererseits vor, wie sich diese Punkte beim Laufen bewegen: Sie erzeugen neue, lineare Lichtformen.
Die Kollektion Current Form 1.0, eine Kollaboration von On und POST ARCHIVE FACTION (PAF), wird im Mai 2024 verfügbar sein.
Melde dich an und wir informieren dich, sobald die Kollektion erhältlich ist.