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Rennleiter Ben Pochee verrät, was den besonderen Reiz der «On Track Nights» in London ausmacht.

«Night of the 10'000m PB’s»: Wo die Lauf-Elite auf Feuerschlucker:innen und Messerjongleur:innen trifft

In den letzten zehn Jahren gab es bei der «Night of the 10'000m PB’s» Szenen, die man bei einem Leichtathletik-Wettkampf eher nicht erwarten würde: Jets, die über die Teilnehmenden donnern, Lamborghinis, die auf dem Innenfeld parken, Bands, die während der Rennen Live-Hits schmettern. Doch für Rennleiter Ben Pochee gab es einen Moment, der all das in den Schatten stellte und symbolisch für den Event steht:

«Die Frauen bereiteten sich gerade auf die Ausscheidungsläufe für die britische Meisterschaft vor», erinnert er sich an das vergangene Jahr. «Vor ihnen auf der Bahn lag ein Zirkusdarsteller namens Spikey Will auf einem Nagelbett. Er war nur mit einer Unterhose im Design der britischen Union Flag bekleidet und ein Zuschauer stand auf ihm. Die Menge war ausser sich.» 

Genau diesen Kontrast strebte Ben an, als er die «Night of the 10'000m PB’s» ins Leben rief: Ein Zusammenspiel zwischen ausgelassener Stimmung und Spitzenathlet:innen auf dem Höhepunkt ihrer Karriere. So entstand ein unvergleichlicher Live-Event. 

Ein netter Nebeneffekt der ausgelassenen Stimmung: Die Athlet:innen werden angespornt, Kräfte freizusetzen, von denen sie nicht wussten, dass sie sie besitzen. «Als \[die britische Langstreckenläuferin] Jo Pavey beim Event 2014 lief, sagte sie, es sei lauter als bei den Olympischen Spielen 2012», sagt Ben. «Solche Momente sind für mich der Antrieb, noch mehr Menschen auf die Zuschauerränge zu bringen – um diese Atmosphäre zu schaffen, die zu Bestleistungen anspornt.»

Der 52-jährige Ben war früher selbst ein talentierter Mittelstreckenläufer, der sowohl für seinen Club Highgate Harriers als auch für England Erfolge verbuchen konnte. Während der Olympischen Spiele 2012 in London erkannte er, dass der 10'000-Meter-Lauf grosses Potential hat.

«Früher wurde das 25-Runden-Rennen nur von einem Mann und seinem Hund verfolgt», lacht er. «Ich habe genau studiert, wie die Leichtathletik in Grossbritannien präsentiert wird, und festgestellt, dass sich in den letzten 100 Jahren kaum etwas verändert hat. Ich wollte etwas erschaffen, das heraussticht. Und ich wusste, wenn wir das gut genug umsetzen, könnten wir die Besten des Vereinigten Königreichs für ein ernstzunehmendes Rennen zusammenbringen.»

Ben ist nicht der Einzige, der die Zuschauerbindung als Schwachstelle der Leichtathletik sieht – und seit den Spielen in London vor zehn Jahren hat sich daran offenbar nur wenig geändert. Denn ein Jahrzehnt später forderte die britische Profi-Leichtathletin Eilish McColgan neue Ansätze, um die Spannung und Dramatik der Leichtathletik zu vermitteln. Das ist das Ziel der neuen Veranstaltungsreihe «On Track Nights». Die «Night of the 10'000m PB’s», die von McColgan als vorbildliche Veranstaltung erwähnt wurde, gehörte zu den Events, die aufzeigten, was möglich ist. 

Ben beschritt neue Wege, um Leichtathletikveranstaltungen so unterhaltsam zu gestalten, dass sie selbst für Nicht-Fans attraktiv sind. Auf der Suche nach einer Lösung, um dabei auch die Integrität des Sports zu wahren, fand er Inspiration in einer ganz anderen Disziplin.

«Nachdem ich wegen einer Verletzung nicht mehr laufen konnte, war ich eine Zeit lang mit dem Fahrrad in Belgien unterwegs», erzählt er. «Dort veranstalten sie kurze Radrennen, sogenannte 'Kermesses', bei denen sie Schleifen durch eine Stadt fahren. Alle Einheimischen schauen zu, es gibt Alkohol und Essen. Es ist wie ein Festival mit einem hochkarätigen Radrennen in der Mitte. Da ist so viel Energie.»

Nach dem Vorbild der «Kermesse» begann Ben, sich mit den Vorschriften für das Publikum auf der Strecke zu befassen. «Ich fand heraus, dass es erlaubt war, wenn man die Offiziellen davon überzeugen konnte. Bei den ersten Rennen 2013 waren nur 150 Leute auf der Strecke, aber es fühlte sich neu und mutig an.»

Wenn du noch nie an der «Night of the 10'000m» warst, sind «neu» und «mutig» wohl genau die Worte, mit denen du den Event beschreiben würdest. Dabei ist es wichtig, dass man sehr nah bei den Läufer:innen stehen und ihnen zujubeln kann – sei es in der passend benannten «Lane 3 Beer 'N' Cheer» oder im «Lactic Tunnel of Love», einer Markise über der Strecke, durch welche die Athlet:innen bei jeder Runde stürmen.

«Steht man in Bahn drei, bekommt man ein Gefühl dafür, wie schnell die Athlet:innen unterwegs sind», sagt Ben. «Man kann ihnen tief in die Augen blicken und miterleben, was sie durchmachen, um ihre Zeiten zu erreichen. Man gewinnt ein Verständnis für die körperlichen Fähigkeiten von Menschen auf diesem sportlichen Niveau.» 

Seit der ersten Veranstaltung gab es einige historische Momente. Jess Martin (geborene Andrews), sicherte sich 2016 ihren Platz bei den Olympischen Spielen in Rio. Jess Warner-Judd holte sich mit dem Sieg im vergangenen Jahr ihren Platz bei den Weltmeisterschaften. Und im Jahr 2018 war der Event zum ersten Mal Austragungsort des Europacup. «Das war das erste Mal seit Jahrzehnten, dass drei britische Männer im selben Rennen unter 28 Minuten blieben – Alex Yee, Chris Thompson und Andy Vernon», sagt Ben. «Jetzt ist Yee ein olympischer Goldmedaillengewinner.» 

Ben hofft, dass es in diesem Jahr einen weiteren Moment für diese Liste geben wird. Denn ein Läufer möchte eine Zeit erzielen, die auf britischem Boden nie zuvor erreicht wurde: «Der Kenianer Samwel Chebolei ist schon 27:10 Minuten gelaufen, aber wenn er die 27 Minuten knackt, wäre das ein britischer Rekord», sagt Ben.

Ben Pochee, Rennleiter «Night of the 10'000m PB’s»

Als eine:r der 8'000 Zuschauer:innen kannst du, falls du deinen Blick von der Bahn abwenden kannst, auf dem Innenfeld eine Welt des Entertainments entdecken. «Dieses Jahr werden wir die viktorianische Zirkus-Extravaganz mit zahlreichen Artist:innen verstärken», sagt Ben. Ausserdem gibt es Kletterwände, sportliche Herausforderungen, Food Trucks, die «Night of the 10'000m Beer», einen DJ, einen Pop-up-Store von On, wo du T-Shirts mit Designs eines Londoner Künstlers bedrucken lassen kannst, und viele weitere Attraktionen.

Über den Abend verteilt werden acht 10'000-Meter-Rennen ausgetragen, die in den Meisterschaftsrennen gipfeln. Zusätzlich finden in diesem Jahr zum ersten Mal die Jugendläufe über 800m statt. «Dabei starten einige der besten U17- und U20-Athlet:innen Grossbritanniens. Wer also Youngsters zum Zuschauen mitbringt, kann sie inspirieren.»

Und der wahrscheinlich bemerkenswerteste Teil des Abends? Der Eintritt ist gratis. «Suchst du nach kostenloser Unterhaltung und Aktivitäten für Familien, ist diese Nacht das Beste, was es gibt,» sagt Ben.

Trotz der schnellen Zeiten und der namhaften Profis steht für Ben der Spass an der Sache im Vordergrund. «Wenn man schnell und ernst wird, macht es keinen Spass mehr. Nur weil die Athlet:innen auf olympischem Niveau laufen, sollte der Anlass für alle Teilnehmenden ein Vergnügen sein.»

«Ich bin stolz darauf, dass ich etwas geschaffen habe, das genau das widerspiegelt, was der Sport für mich bedeutet», fügt er hinzu. «Wenn ich sehe, wie sich alle amüsieren, möchte ich allen, die noch nie ein 10'000-Meter-Rennen gesehen haben, zurufen: 'Das ist unser Sport. Das ist, warum wir ihn lieben.' Es geht um Freundschaften. Es geht um Leidenschaft. Es geht um Wissen. Es geht um Menschen, die Zehntelsekunden feiern. Du siehst all die Liebe aus ihnen heraussprudeln.»

Die «Night of the 10'000m PB‘s» ist Teil der «On Track Nights». Die Veranstaltung findet am 20\. Mai 2023 auf der Strecke der Highgate Harriers in Parliament Hill statt. Weitere Informationen findest du unter ontracknights.com