

Yoga ist mehr als Stretchen und Atmen. Es bedeutet: Kraft in der Ruhe und ausgewogene Bewegung (und es sollte fester Bestandteil deiner Trainingsroutine sein).


Wenn Yoga für dich nur Stretching ist, denk noch einmal nach. Unter der äusseren Ruhe liegt echte Kraft. Diese wird durch Halteübungen, gleichmässiges Atmen und leichtes Muskelzucken aufgebaut – das Signal für den Aufbau von Ausdauer.
Aber ist Yoga wirklich Krafttraining? «Absolut», sagt Michèle Kalberer, Yogalehrerin und On Ambassadorin. «Das Konzept von Sthira – Stabilität – ist die Basis für alles. Es fördert tiefgehende Kraft, Ausdauer und Belastbarkeit durch Balance, Schweiss und Ruhe.»
Yoga baut auf andere Weise Kraft auf. Isometrische Halteübungen, anhaltende Spannung und Gelenkkontrolle treiben Muskeln an, die bei den meisten Lifts nicht beansprucht werden. Diese Erkenntnis führt Kalberer vor allem auf den herabschauenden Hund zurück. «Früher fühlte es sich für mich unmöglich an, diese Position mehr als fünf Atemzüge lang zu halten. Mit der Zeit hat sie sich zu meiner Ruhepose entwickelt», sagt Kalberer, die vom Laufen kommt. «Diese Veränderung hat mir gezeigt, wie sich durch Yoga echte, funktionelle Stärke aufbauen lässt.»
Deshalb sollte Yoga auch in deiner Routine fest verankert sein.
Die anstrengendsten Yoga-Praktiken – Vinyasa und Power Yoga – können Athlet*innen auf jedem Niveau herausfordern. Das Geheimnis liegt in isometrischen Griffen.
«Durch Yoga lerne ich, unbequem zu sitzen, zu schauen, wo ich mich schwach oder verletzlich fühle – und dies als Chance zur Weiterentwicklung zu sehen», sagt Kalberer. «Es ist ein Weg von der Geschmeidigkeit zur Stärke.»
Ob Planke, Boot oder Brücke: Dein Körpergewicht arbeitet stets gegen dich und deine Muskeln werden aktiv, um dich stabil zu halten. Diese konstante Anspannung ist Krafttraining, das aber nicht wie Krafttraining aussieht. Forschungsergebnisse untermauern dies: In nur 12 Wochen führte regelmässiges Yogatraining zu besseren Sauerstoffaufnahme, Kraft- und Flexibilitätswerten im Vergleich zu einer Kontrollgruppe.
Wenn dich ein*e Yoga-Trainer*in zum Aktivwerden und Atmen auffordert, dient das nicht nur zur Überbrückung. Du baust neuromuskuläre Kontrolle auf: eine Verbindung zwischen Geist und Muskeln, die dein Gehirn und deinen Körper bei allem, was du tust, effizienter macht.
Diese Art von Kontrolle zahlt sich überall aus: Wenn du beim Ermüden die Form hältst, einen Anstieg bewältigst oder Kisten vom Boden hebst.


Im Krieger, in der Planke oder im Stuhl zu bleiben, beansprucht die Muskeln länger als gewollt und baut Spannungen über mehrere Gruppen gleichzeitig auf. «Diese Übungen aktivieren die tief stabilisierenden Muskeln – die die Haltung und Bewegung unterstützen – und halten sie gleichzeitig länger aktiv», sagt Kalberer. «Nach dem Yoga musst du dich nur selten „dehnen“, denn die Kraft, die du aufbaust, ist bereits ausbalanciert.»
Und die Ergebnisse sind spürbar. In nur acht Wochen kann ein regelmässiges Yogatraining Kraft, Flexibilität und Balance verbessern. Ganz ohne Gewichte.
Für erfahrene Athlet*innen kann der zusätzliche Einsatz von leichten Hanteln die Herausforderung steigern. Achte einfach darauf, dass deine Form stabil bleibt. Mehr Belastung bedeutet mehr Risiko.




Yoga geht dorthin, wo traditionelle Kraft nicht ansetzt – in stabilisierende Muskeln, die Haltung, Koordination und Kontrolle unterstützen. Die Kraft, die du beim Yoga aufbaust, ist ausgewogen und funktional – damit du dich im Gym, auf dem Trail und im Alltag gut bewegen kannst.
Nicht alle Yogastile bauen Kraft gleichermassen auf. Restorative und Nidra konzentrieren sich mehr auf Erholung und Meditation. Vinyasa und Power Yoga beinhalten fliessende Sequenzen und isometrische Halteübungen, die Muskeln auf neue Weise fordern.
Starte einfach: Wechsle Tage mit Krafttraining und Yoga-Sessions ab. Oder beende dein Krafttraining mit einer kurzen Yogaeinheit, um deinen Bewegungsradius zu erweitern, wenn deine Muskeln einmal warm sind.
Betrachte Yoga gleichermassen als Wartung und Training deines Körpers. Du kannst damit Verspannungen lösen und die Mobilität in beanspruchten Bereichen verbessern.
Ist deine Hüfte nicht so beweglich? Versuche es mit einem niedrige Ausfallschritt oder der Eidechse. Schultern verspannt? Das Kind oder zur Seite ausgebreitete Arme können dabei helfen, sie zu lockern. Jede Pose sorgt dafür, dass dein nächstes Training oder dein nächster Lauf lockerer wird und die Oberkörpermuskulatur entspannt.




Beim Yoga gibt es tausende Posen, aber es stechen einige Klassiker heraus, wenn es um Kraftaufbau geht. Probiere die folgenden aus, um deinem Training mehr Power zu verleihen:
– Plank und Chaturanga: Beginne in einer Liegestützposition. Halte die Position, um deinen Core, deine Schultern und deine Brust zu aktivieren. Geh den halben Weg von Chaturanga, um Trizeps und Stabilität zu stärken. – Kriegersequenz: Tritt in einen Ausfallschritt, die Arme erhoben. Krieger I und II bauen Kraft durch die Schultern, Beine und Hüften auf, während sie Balance und Ausdauer testen. – Das Boot: Sitze aufrecht, hebe deine Beine in eine V-Form und bringe deine Arme parallel zum Boden. Eine ernsthafte Herausforderung für Core und Hüftbeuger. – Der Stuhl: Setze dich auf einen imaginären Stuhl und nimm die Arme hoch. Dabei werden die Oberschenkelmuskeln, die Gesässmuskeln und die Körperhaltung trainiert.
Schnapp dir eine Matte, trage Kleidung, die sich mit dir dehnt, probiere Hilfsmittel aus oder nimm an einem Kurs teil, in dem sie benutzt werden. Mit der Zeit wirst du merken, dass Yoga deine Flexibilität und Kraft verbessert.
Wahre Kraft kommt aus der Balance. Krafttraining und Yoga ergeben eine starke Partnerschaft, bei der sowohl Muskeln als auch Kontrolle aufgebaut werden. Priorisiere an Tagen mit viel Energie schweres Krafttraining, und mache Yoga an Tagen, an denen dein Körper Bewegung ohne Überlastung braucht.
Auf der Matte soll deine Ausrüstung deiner Leistung in nichts nachstehen. Suche Kleidung, die sich mitdehnt und dich stützt – egal, ob du Kriegersequenzen durchgehst oder im Gym mit Gewichten trainierst.
«Weichheit ist die stärkste Form von Kraft, die du trainieren kannst», sagt Kalberer.